03 Migration

Jochen Oltmer

Migration bildet seit jeher ein wichtiges Element gesellschaftlichen Wandels. Unzählige Beispiele belegen das Ausmaß, mit dem räumliche Bewegungen die Welt veränderten. Auch Vergangenheit und Gegenwart Deutschlands sind durch vielfältige und umfangreiche grenzüberschreitende Ab- und Zuwanderungen sowie interne räumliche Bewegungen gekennzeichnet.

Der Begriff „Migration“ verweist auf räumliche Bewegungen von Menschen. Nicht jede Ortsveränderung aber gilt als Migration. Welche Phänomene und Prozesse regionaler Mobilität als Migration verstanden werden, ist in wissenschaftlichen, politischen, medialen und öffentlichen Debatten umkämpft und unterliegt einem steten Wandel. Für die besonders in den 1970er Jahren intensivierte und seit den 1990er Jahren stark angestiegene wissenschaftliche Produktion von Wissen über die Wanderungsverhältnisse lässt sich festhalten, dass die Beschreibungsformel „Migration“ immer häufiger verwendet worden ist und zunehmend mehr Prozesse räumlicher Bewegung darunter subsumiert wurden. Begriff und Konzept „Migration“ hatten zweifelsohne in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten wissenschaftliche Konjunktur. Politisch, statistisch und medial besonders intensiv sind räumliche Bewegungen in den vergangenen Jahrzehnten dann beobachtet worden, wenn (national-)staatliche Grenzen überschritten wurden. Geläufige Definitionen greifen deshalb auf das zentrale Kriterium der Veränderung der rechtlichen Position eines Menschen zurück, die sich aus dessen Übertritt in den Geltungsbereich eines anderen Rechtsverbands ergibt. Ein weiteres Kriterium kann die Dauer des Aufenthalts andernorts sein. Erhoben werden teilweise Bestandszahlen (migration stock) und teilweise Bewegungen (migration flows). Im Fall der Messung des Umfangs des Bestandes zählen die statistischen Ämter (etwa im Rahmen von Volkszählungen) all jene im Aufenthaltsland gemeldeten Menschen, die dort nicht geboren sind oder über keine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung verfügen bzw. sich länger als eine bestimmte Zeit aufhalten. Im Fall der Messung des Umfangs der Bewegungen werden hingegen keine Aufenthalte, sondern Grenzübertritte auf der Basis von Angaben über den Aufenthaltszweck gezählt (also keine touristischen Reisen oder Tages- und Wochenpendler einbezogen).
„100 000 Migrantinnen und Migranten“ heißt im Fall von Bestandszahlen: Es leben in einem bestimmten Jahr im Aufenthaltsland 100 000 Menschen, die irgendwann einmal zugewandert sind. Bei Angaben zu Bewegungen ist hingegen gemeint: 100 000 Menschen, die nicht nur besuchsweise kamen, haben innerhalb eines bestimmten Jahres die Grenze überschritten.
Doch als problematisch bei der Entwicklung langer Datenreihen erweisen sich nicht nur unterschiedliche Erhebungskriterien und die sich verändernde Qualität der Daten. Darüber hinaus ist es oft schwierig, Daten verschiedener Organisationen aufeinander zu beziehen, weil sie häufig Unterschiedliches messen, selbst wenn ähnliche Begriffe verwendet werden. Außerdem bleibt in den Statistiken naturgemäß die Anwesenheit solcher Menschen ungezählt, die über keinen Aufenthaltstitel verfügen – egal ob sie undokumentiert eingereist sind oder ob sie bleiben, obgleich ihr Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist. Hinzu tritt das seit jeher im Kontext von Wanderungsstatistiken auftretende Problem, dass die Zahl der Migrantinnen und Migranten regelmäßig deshalb zu hoch veranschlagt wird, weil die Einreise und damit die Anmeldung bei den Meldeoder Ausländerbehörden erheblich strenger kontrolliert wird als die Ausreise und damit die Abmeldung. Auch Sterbefälle von Migrantinnen und Migranten finden relativ selten Eingang in die Meldestatistiken. Mithin liegen Zahlen über den Aufenthalt von Migrantinnen und Migranten in unterschiedlichem Ausmaß sowohl zu niedrig (irreguläre Aufenthalte) als auch zu hoch (fehlende Abmeldung, Todesfälle).
Im Wanderungsgeschehen Deutschlands des 19., 20. und frühen 21. Jahrhunderts lassen sich fünf markante und grundlegende Prozesse ausmachen:1
1. Vom frühen 19. Jahrhundert bis in die 1890er Jahre dominierte die Transatlantik-Migration von Deutschen, die zu mehr als 90 Prozent die Vereinigten Staaten von Amerika erreichten.
2. Industrialisierung, Urbanisierung und Agrarmodernisierung führten im 19. und 20. Jahrhundert zu einem fundamentalen Wandel der Migrationsverhältnisse: Neue und rapide aufstrebende industriell-urbane Ballungsräume boten nunmehr Angehörigen von Unterschichten, aber auch (neuen) Mittelschichten Erwerbschancen, die zu millionenfachen internen und grenzüberschreitenden Wanderungen führten.
3. Aus dem grundlegenden Umbau von Staatlichkeit im 19. Jahrhundert resultierten vielfältige Veränderungen der Rahmenbedingungen von Migration und gesellschaftlicher Teilhabe mit weitreichenden Folgen im 20. Jahrhundert: Nationsbildung zur Absicherung der Legitimität staatlicher Herrschaft wirkte dabei Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zusammen mit kolonialistischen und imperialistischen Bestrebungen sowie dem Aufund Ausbau des Interventionsund Sozialstaats, der auf die Massenpolitisierung und die weit ausgreifende Organisation politischer Interessen reagierte. Aus diesem Gefüge resultierten neue Muster der staatlichen Wahrnehmung grenzüberschreitender und interner Migrationen.
Sie mündeten zum Teil in die Errichtung gesetzlicher und administrativer Zugangsbarrieren gegenüber solchen Individuen und Kollektiven, denen ein höheres Maß an „Fremdheit“ zugeschrieben wurde, aber auch in die Öffnung privilegierter Zugänge für andere Individuen und Kollektive, die als national, politisch oder sozial zugehörig galten. Der erhebliche Ausbau der staatlichen Ordnungsund Interventionskapazitäten ermöglichte zugleich die Umsetzung migrationspolitischer Vorstellungen.
4. Die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts und deren politische Folgen führten zu einer enormen Zunahme gewaltinduzierter Migrationen. Dazu zählen Deportation und Zwangsarbeit in den Kriegswirtschaften, Evakuierung und Flucht aus den Kampfzonen sowie Ausweisungen und Vertreibungen nach Kriegsende. Deutschland war sowohl im und nach dem Ersten Weltkrieg als auch im und nach dem Zweiten Weltkrieg ein Zentrum des europäischen Gewaltmigrationsgeschehens.2

5. Die Migrationsverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland sind ein Beispiel für die Etablierung eines neuen Migrationsregimes in europäischen Rechtsund Wohlfahrtsstaaten seit Mitte des 20. Jahrhunderts: Eine weitreichende Zulassung von aus anderen Staaten zugewanderten Arbeitskräften seit den 1950er Jahren mithilfe zwischenstaatlicher Anwerbeabkommen in einer Situation hohen wirtschaftlichen Wachstums korrespondierte bei zunehmender Aufenthaltsdauer mit einer sukzessiven Verfestigung des Aufenthaltsstatus der Zugewanderten. Damit schrumpften zugleich staatliche Spielräume zum Abbruch von Prozessen dauerhafter Niederlassung und Nachwanderung, selbst nach dem Ende der Anwerbephase 1973. In der DDR, wo die Beschäftigung von Zugewanderten ein wesentlich niedrigeres Niveau hatte, wurden dauerhafter Aufenthalt und gesellschaftliche Teilhabe dagegen in der Regel verhindert. Nach den europäischen Grenzöffnungen 1989 / 90 gewann die im Kalten Krieg auf ein Minimum beschränkte Ost-West-Wanderung erneut erheblich an Bedeutung; zum Teil knüpften die Migrationsverhältnisse in Europa wieder an die Situation vor dem Zweiten Weltkrieg an.
Im Folgenden wird zunächst auf die Entwicklung des Abwanderungsgeschehens aus Deutschland vom frühen 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart geblickt, um dann über die Beschreibung der Angaben zu ausländischen Staatsangehörigen in Deutschland sowie zu den Zuzügen nach Deutschland seit Ende der 1940er Jahre Aspekte des Wandels des Zuwanderungsgeschehens darstellen zu können. Dieser Zusammenhang wird vertieft über die Dokumentation der Wanderungsbewegungen zwischen DDR und Bundesrepublik, die Zuwanderung von Menschen aus dem östlichen Europa, die als „(Spät-)Aussiedlerinnen und -Aussiedler“ kategorisiert wurden, sowie von Schutzsuchenden, die in der Bundesrepublik seit Anfang der 1950er Jahre um Asyl bzw. einen Flüchtlingsstatus nachsuchten.

Grenzüberschreitende Abwanderung

Deutschland war und ist, wie viele Staaten, eine migratorische Drehscheibe, die permanent von den verschiedensten Bewegungen durchzogen wird und zeitgleich sowohl einen Ausgangsals auch einen Zielraum von Wanderungsbewegungen bildet. Die Rede vom „Auswanderungsland“ oder vom „Einwanderungsland“ verweist mithin nur auf eine Hauptrichtung in der Entwicklung des Wanderungsgeschehens, nie aber darauf, dass es ausschließlich eine Richtung der Bewegungen gegeben habe. Im Deutschland des 19. Jahrhunderts markierte die (transatlantische) Abwanderung die Hauptrichtung. ► Tab 1, Abb 1

Wahrscheinlich gingen zwischen 1841 und 1928 fast 6 Millionen Deutsche nach Übersee, weit überwiegend mit dem Ziel USA.3 Als nächstwichtige Ziele folgten mit erheblichem Abstand Kanada, Brasilien, Argentinien und Australien. Hintergrund der umfangreichen transatlantischen Abwanderung war ein Missverhältnis zwischen einem starken Wachstum der deutschen Bevölkerung auf der einen und einem weit weniger dynamisch ansteigenden Erwerbsangebot in Deutschland auf der anderen Seite sowie einem attraktiv erscheinenden Chancenangebot überseeischer (insbesondere nordamerikanischer) Ziele. Ab den 1830er Jahren stieg die deutsche transatlantische Migration rasch zur Massenbewegung auf. Hochphasen mit jeweils mehr als 1 Million Abgewanderten bildeten die Jahre von 1846 bis 1857 und 1864 bis 1873. In der letzten großen Phase der Überseemigration zwischen 1880 und 1893 folgten dann noch einmal 1,8 Millionen Menschen. Die in Deutschland geborene Bevölkerung der USA stellte zwischen 1820 und 1860 mit rund 30 Prozent nach den in Irland Geborenen die zweitgrößte, von 1861 bis 1890 sogar die größte Gruppe unter den Zugewanderten.4
Im ausgehenden 19. Jahrhundert bildete die erhebliche Ausweitung wirtschaftlicher Chancen infolge von Hochindustrialisierung und Agrarmodernisierung in Deutschland einen wesentlichen Faktor für den Rückgang der überseeischen Abwanderung. Dieser wurde durch die harte wirtschaftliche Krise in den USA von 1890 bis 1896 mit ihrem Höhepunkt in der „panic of 1893“ beschleunigt. 1893 war das letzte Jahr umfangreicher transatlantischer Migration aus Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg. Nach dem Ende des Krieges kam es erneut zu einem Anstieg: Zwischen 1919 und 1932 wanderten insgesamt rund 600 000 Deutsche in überseeische Länder ab, mit rund 71 Prozent blieben die Vereinigten Staaten von Amerika das Hauptziel, Argentinien, Australien, Brasilien und Kanada folgten mit erheblichem Abstand. Den Höhepunkt der transatlantischen Migration aus der Weimarer Republik bildeten die Jahre 1920 bis 1923 mit dem Spitzenwert im „Krisenjahr“ 1923: 115 000 überseeische Abwanderinnen und Abwanderer bedeuteten einen Jahreswert, wie er seit der letzten Auswanderungsphase des 19. Jahrhunderts (1880 –1893) nicht mehr erreicht worden war.5 In den anderthalb Jahrzehnten zwischen 1946 und 1961 schließlich gingen insgesamt knapp 780 000 Deutsche auf Dauer oder für begrenzte Zeit nach Übersee. 384 700 Menschen hatten die Vereinigten Staaten als Ziel, 234 300 Kanada und 80 500 Australien. Das war die Phase umfangreichster transatlantischer Abwanderung aus Deutschland im 20. Jahrhundert.6 Wegen der gänzlich anderen Datengrundlage für die Entwicklung des Abwanderungsgeschehens in Westdeutschland bzw. in der Bundesrepublik nach 1945 ist eine unmittelbare Bezugnahme auf die Zahlen zur Überseemigration bis 1939 nicht möglich. Die Daten zur deutschen Transatlantikmigration des 19. und frühen 20. Jahrhunderts erwecken den Eindruck, als habe es eine stetige und lineare Bewegung von Deutschland nach Übersee gegeben. Unsichtbar bleiben dabei die wahrscheinlich mit rund 20 Prozent der Ausgewanderten keineswegs geringe transatlantische Rückwanderung nach Deutschland sowie die zirkulären Bewegungen mehrfacher Abund Rückwanderungen, die ab dem späten 19. Jahrhundert an Bedeutung gewannen.7 Die Angaben über die Fortzüge für die Zeit ab 1945 ermöglichen demgegenüber viel eher ein Erfassen der Dynamik von Migrationsbewegungen mit ihrer stets hohen Fluktuation. Während die Daten für die 1950er Jahre ganz wesentlich noch auf die Abwanderung von Deutschen verweisen, sind die wesentlich höheren Zahlen ab den 1960er Jahren zu einem guten Teil der Abwanderung von ausländischen Staatsangehörigen geschuldet, die im Kontext der vermehrten Migration in die Bundesrepublik gekommen waren. Umfangreiche Zuwanderungen aus anderen Staaten wie in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren bedingten starke Abwanderungen, auch die rasche Zunahme der Zuwanderung nach der Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ 1989/90 führte zugleich zu einem starken Anstieg der Abwanderungen.8

Zuwanderung nach Deutschland

Ab dem späten 19. Jahrhundert dominierte in der Regel die Zuwanderung über die Abwanderung. Das zeigen für das Deutsche Kaiserreich und die Weimarer Republik die Angaben der Volkszählungen. Die Volkszählungen zwischen 1871 und 1910 bieten den Vorteil, für ein einheitliches Gebiet nach einheitlichen Kriterien in regelmäßigen Abständen von fünf Jahren zu einem einheitlichen Zählzeitpunkt (1. Dezember) über die Zahl der Ausländerinnen und Ausländer nach ihrer Staatsangehörigkeit zu berichten. Der gewählte Zählzeitpunkt bringt allerdings zugleich einen wesentlichen Nachteil mit sich: Er lag außerhalb der Arbeitssaison für witterungsabhängige Tätigkeiten, in denen die Hunderttausenden von Arbeitsmigrantinnen und -migranten aus anderen Staaten im Kaiserreich weit überwiegend beschäftigt waren (vor allem in der Landwirtschaft, im Tief-, Hochbau und im Baunebengewerbe), sodass sie folglich im Rahmen der Volkszählungen nicht registriert werden konnten.9 Die Angaben zur Zwischenkriegszeit beschränken sich auf die beiden Volkszählungen von 1925 und 1933, die zudem unterschiedliche Zählzeitpunkte umfassten (1925: Juni, 1933: Dezember). ► Tab 2

Zwischen 1871 und 1910 lassen sich grundlegende Veränderungen in der Präsenz von ausländischen Staatsangehörigen in Deutschland erkennen. Im ersten Jahrzehnt des Kaiserreichs blieb sie mit 200 000 bis 300 000 Menschen gering, stieg aber seit den 1890er Jahren erheblich an: Hintergrund war die Hochkonjunktur der drei Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg, die nicht nur, wie erwähnt, die Überseemigration von Deutschen weitgehend zum Erliegen brachte, sondern wegen der wachsenden Erwerbsmöglichkeiten auch Arbeitskräfte aus dem Ausland anzog. Nach dem Ersten Weltkrieg sank die Zahl ausländischer Staatsangehöriger im (nun verkleinerten) Reich ab, nicht zuletzt wegen der weitaus weniger günstigen wirtschaftlichen Situation, die sich unter anderem in einer relativ hohen strukturellen Erwerbslosigkeit äußerte.10 ► Abb 2

Die Bevölkerung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland umfasste in den 1950er Jahren mit 400 000 bis 500 000 relativ wenige ausländische Staatsangehörige; zu einem guten Teil handelte es sich um Menschen, die im Umfeld des Zweiten Weltkriegs als Zwangsarbeitskräfte, Kriegsgefangene oder Schutzsuchende nach Deutschland gekommen waren und als „Displaced Persons“ bzw. „Heimatlose Ausländer“ zumindest zeitweilig blieben. Erst mit der Vollbeschäftigung der späten 1950er Jahre im Kontext des „Wirtschaftswunders“ mit seinen sehr hohen Wachstumsraten sowie dem rapiden Rückgang der Zuwanderung aus der DDR durch den Bau der Berliner Mauer 1961 (siehe unten) wuchs die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte („Gastarbeiter“) in den 1960er und frühen 1970er Jahren stark an. Vor diesem Hintergrund erreichte die Zahl der ausländischen Staatsangehörigen 1974 mit 4,1 Millionen einen vorläufigen Höhepunkt. Das Ende der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte durch den „Anwerbestopp“ von 1973 führte nicht zu einem nennenswerten Rückgang der Zahl der Angehörigen anderer Staaten. Sie stieg vielmehr seit den 1980er Jahren wieder moderat an, insbesondere aufgrund der weiterhin bestehenden Möglichkeit des Familiennachzugs von in Deutschland lebenden ausländischen Staatsangehörigen sowie aufgrund des Bedeutungsgewinns der Asylzuwanderung (siehe unten). Ein erneuter stärkerer Anstieg setzte mit dem Zusammenbruch der politischen Systeme in Ostmittel-, Ostund Südosteuropa sowie der Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ 1989/90 ein. Seit den späten 1990er Jahren bewegt sich die Zahl der ausländischen Staatsangehörigen auf einem stabilen Niveau mit einer Tendenz zum Rückgang, der auch durch die erleichterten Möglichkeiten des Zugangs zur deutschen Staatsangehörigkeit aufgrund der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 erklärt werden kann.11 Erst die im Vergleich zu anderen europäischen Staaten sehr günstige Situation von Ökonomie und Arbeitsmarkt in den 2010er Jahren sowie die hohe Zahl von Schutzsuchenden Mitte des Jahrzehnts (siehe unten) führten zu einem erneuten Ansteigen der Zahl ausländischer Staatsangehöriger in der Bundesrepublik. ► Abb 3

Im Blick auf die Zusammensetzung der aus anderen Staaten zugewanderten Bevölkerung lassen sich grundlegende Veränderungen über die Zeit ausmachen: Während im Deutschen Kaiserreich unter den Herkunftsländern Österreich-Ungarn, das russische Zarenreich, die Niederlande und Italien dominierten, stammte ein überwiegender Teil der ausländischen Staatsangehörigen ab den 1960er Jahren aus jenen Ländern, die mit der Bundesrepublik Anwerbeabkommen geschlossen hatten, also insbesondere aus der Türkei, Italien, Spanien und Griechenland. Vor allem ab den späten 1980er Jahren kam es zu einer zunehmenden Diversifizierung der Herkunftsländer ausländischer Staatsangehöriger. Sie resultierte nicht nur aus der bereits erwähnten Öffnung des „Eisernen Vorhangs“, sondern auch aus einer anwachsenden (Asyl- und Bildungs-)Zuwanderung aus vielen Teilen der Welt, die die europäische Zuwanderung ergänzte. Letztere dominierte nicht zuletzt vor dem Hintergrund des expandierenden Systems der EU-Freizügigkeit jedoch weiterhin.

Innerdeutsche Wanderungsbewegungen

Das Ende des Zweiten Weltkriegs führte in Europa zu einer enormen Zunahme von Migrationsbewegungen. Neben die Rückwanderung von während des Krieges zur Migration genötigten Flüchtlingen, Evakuierten, Vertriebenen, Deportierten oder Kriegsgefangenen traten Ausweisungen, Umsiedlungen, Vertreibungen oder Fluchtbewegungen insbesondere von Minderheiten aufgrund der Bestrebungen der Siegerstaaten, die Bevölkerung ihres (zum Teil neu gewonnenen) Territoriums zu homogenisieren. Das betraf auch ca. 14 Millionen Deutsche, die in der Endphase des Krieges oder in den ersten Nachkriegsjahren Ostmittel-, Ostund Südosteuropa verließen bzw. verlassen mussten. Für die Entwicklung der deutschen Wanderungsverhältnisse nach dem Zweiten Weltkrieg von hohem Gewicht wurden zudem die Bewegungen zwischen der Sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR und den
Westzonen bzw. der Bundesrepublik zwischen 1945 und 1989/90. ► Tab 3, Abb 4

Zwar wurde die innerdeutsche Grenze vonseiten der DDR bereits 1952/53 weitreichend befestigt und damit die Bewegung zwischen Ostund Westdeutschland und umgekehrt erheblich behindert. Die besondere Stellung Berlins aber ließ Grenzsicherungsmaßnahmen zwischen den alliierten Sektoren der ehemaligen Reichshauptstadt lange nicht zu, sodass DDR und UdSSR hier die Abwanderung kaum kontrollieren und blockieren konnten: Wahrscheinlich wanderten von der Gründung der beiden deutschen Staaten 1949 bis zum Bau der Mauer 1961 über 3 Millionen Menschen aus der DDR in die Bundesrepublik – aber auch mehr als 500 000 in die umgekehrte Richtung.12 Während die Zahl der Deutschen, die in den 1950er Jahren aus der Bundesrepublik in die DDR zogen, keinen großen Schwankungen unterlag und jährlich rund 50 000 erreichte, erwies sich die Schwankungsbreite der Ost-West-Bewegungen als wesentlich höher: Nach den Angaben des Notaufnahmeverfahrens pendelten die Zahlen in den 1950er Jahren jährlich zwischen ca. 150 000 und 330 000. Höhepunkte bildeten die Jahre 1953 und 1956/57. Nach einem Minimum 1959 stiegen die Zahlen bis zum Mauerbau wieder deutlich an, nicht zuletzt wegen der erneut verschärften Kollektivierungspolitik in der DDR.
Der Bau der Mauer reduzierte die Bewegungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik erheblich: Wanderungen aus der Bundesrepublik in die DDR überschritten von den 1960er bis zu den 1980er Jahren nicht die Zahl von 5 000 Menschen pro Jahr und schwankten meist um 2 000 bis 3 000 jährlich. Die Abwanderung aus der DDR lag in den späten 1960er, den 1970er und frühen 1980er Jahren pro Jahr bei ca. 13 000 bis 20 000 Personen. Sie stieg erst in der Endphase der DDR wieder deutlich an, erreichte 1984 (nach dem bundesdeutschen Milliardenkredit an die DDR und einer Bewilligung von 32 000 Ausreiseanträgen mit dem Ziel, die innenpolitische Situation zu beruhigen) einen Spitzenwert von über 40 000 Personen, um dann im Jahr der Öffnung der Mauer 1989 auf über 340 000 Antragsstellerinnen und Antragsteller im Notaufnahmeverfahren zu steigen. Vom Bau der Mauer bis Ende 1988 fanden insgesamt über 600 000 Menschen ihren Weg von Deutschland-Ost nach Deutschland-West, wobei der weitaus überwiegende Teil auf der Basis von Ausreisegenehmigungen die Grenze überschreiten konnte, die vor allem Rentnerinnen und Rentnern sowie anderen Nichterwerbstätigen bewilligt wurden. Die Zahl der Erwerbstätigen, die die DDR verlassen durften, sowie derjenigen, die die Grenze auf irregulären Wegen überwanden, blieb demgegenüber deutlich niedriger.

Aussiedlerinnen und Aussiedler

Die Bezeichnung „Aussiedler“ stammt aus den frühen 1950er Jahren. Nach dem Ende der Vertreibungen von Deutschen aus Ostmittel-, Ostund Südosteuropa lebten dort nach den Angaben deutscher Stellen 1950 noch rund 4 Millionen „deutsche Volkszugehörige“ ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Ihnen sicherte das bundesdeutsche Grundgesetz in Artikel 116 Absatz 1 die Aufnahme als deutsche Staatsangehörige zu, wenn sie ein „Vertreibungsschicksal“ nachweisen konnten oder von deutscher Seite ein „Vertreibungsdruck“ ausgemacht worden war. Den Rahmen und die Bedingungen für ihre Aufnahme regelte ab 1953 das „Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge“ (kurz Bundesvertriebenengesetz, BVFG). Insgesamt wanderten in den sieben Jahrzehnten von 1950 bis 2020 rund 4,5 Millionen (Spät-) Aussiedlerinnen und (Spät )Aussiedler in die Bundesrepublik.13 ► Tab 4, Abb 5
Von 1950 bis 1975 passierten insgesamt rund 800 000, von 1976 bis 1987 weitere etwa 616 000 Aussiedlerinnen und Aussiedler die westdeutschen Grenzdurchgangslager. Ihre Zahl schwankte in diesem Zeitraum zwischen 20 000 und 60 000 pro Jahr. Verständigungsbemühungen im Kontext der bundesdeutschen „Neuen Ostpolitik“ und die „Entspannung“ im Kalten Krieg führten dazu, dass ab Anfang/Mitte der 1970er Jahre eine Phase steter Aussiedlerzuwanderung auf relativ hohem Niveau einsetzte.

Wichtigstes Herkunftsland bildete dabei in den 1970er und frühen 1980er Jahren Polen, mit dem sich die Bundesrepublik 1975 auf die Ausreise von rund 125 000 Menschen geeinigt hatte (als Gegenleistung wurde von bundesdeutscher Seite ein Kredit über 2,3 Milliarden D-Mark gewährt). Ab Ende der 1970er Jahre wuchs zudem die Zahl der Aussiedlerinnen und Aussiedler aus Rumänien; auch in diesem Fall bildeten finanzielle Leistungen der Bundesrepublik die Voraussetzung. Zwischen 1950 und 1987 kamen aus Polen als Hauptherkunftsland 62 Prozent aller Aussiedlerinnen und Aussiedler (848 000), nur 8 Prozent (110 000) hingegen aus der Sowjetunion mit ihrer lange sehr restriktiven Ausreisepolitik. An zweiter Stelle nach Polen und mit deutlichem Vorsprung vor der UdSSR folgte Rumänien mit 15 Prozent der Aussiedlerinnen und Aussiedler (206 000).
Die Zahl der mit einem Aussiedlerstatus zuwandernden Menschen wuchs erheblich mit der Krise der politischen Systeme in Ostmittel-, Ostund Südosteuropa und der Öffnung des „Eisernen Vorhangs“: Von 1987 an wuchs der Anteil der Aussiedlerinnen und Aussiedler aus der UdSSR erheblich. Die jährliche Zuwanderung überschritt 1988 knapp die Marke von 200 000 und erreichte 1990 die Höhe von fast 400 000. Sie ging dann 1991, trotz hoher Antragszahlen, deutlich zurück auf etwas mehr als 200 000 und blieb bis 1995 auf diesem Niveau, um seither stark abzusinken. Hintergrund des erheblichen Rückgangs seit 1990 bildeten gesetzliche Maßnahmen der Bundesrepublik, die die Möglichkeiten der Inanspruchnahme des Status als „Spätaussiedler“, wie es nun hieß, erheblich beschränkten, aber auch die Tatsache, dass sich immer weniger Menschen in Ostmittel-, Ostund Südosteuropa auf eine „deutsche Volkszugehörigkeit“ und einen „Vertreibungsdruck“ berufen konnten. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts hat diese Migrationsbewegung mit jährlich wenigen tausend Zuwandernden kein signifikantes Ausmaß mehr.

Migration von Asyl- und Schutzsuchenden

„Flüchtlinge“ sind laut der international maßgeblichen, 1951 verabschiedeten Genfer Flüchtlingskonvention jene Migrantinnen und Migranten, die über Staatsgrenzen ausweichen, weil ihr Leben, ihre körperliche Unversehrtheit, Freiheit und Rechte direkt oder sicher erwartbar bedroht sind. Die Bundesrepublik, die zu den frühen Unterzeichnern der Konvention gehört, verpflichtete sich zusammen mit inzwischen fast 150 Staaten weltweit, Menschen dann mit dem Status des „Flüchtlings“ auszustatten, wenn diese eine individuelle Verfolgung wegen „ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung“ nachweisen können. 1948 schrieb die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen erstmals ein individuelles Asylrecht fest. Artikel 14 Absatz 1 lautet: „Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgungen Asyl zu suchen und zu genießen.“ Nur selten allerdings wurde diese Formel in nationales Recht überführt. Eine Ausnahme bildete die Bundesrepublik Deutschland,14 die mit der Formulierung „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ im 1948/49 geschaffenen Artikel 16 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes ein im internationalen Vergleich weitreichendes Grundrecht auf dauerhaften Schutz bot: Darauf habe jede und jeder politisch Verfolgte, die oder der in die Bundesrepublik komme, ohne Einschränkungen einen verfassungsrechtlich einklagbaren Anspruch.15
Die Flucht vor militärischer Gewalt im Kontext von Kriegen und Bürgerkriegen, und damit ein Großteil der räumlichen Bewegungen, die alltagssprachlich unter den Begriff „Flucht“ verstanden werden, führt nicht zur Anerkennung als „Flüchtling“ nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Allerdings wird inzwischen in manchen Staaten bzw. Staatenbünden solchen „Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen“ (vorübergehender) Schutz gewährt. So wurde beispielsweise in der Europäischen Union 2003 bis 2005 im Rahmen der Aufnahmerichtlinie, der Qualifikationsrichtlinie und der Richtlinie für Asylverfahren die Voraussetzung für die Gewährung des sogenannten subsidiären Schutzes geschaffen. Er soll vergeben werden, wenn Schutzsuchenden bei einer Rückkehr ins Herkunftsland Todesstrafe, Folter sowie unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bzw. Bestrafung drohen. Darüber hinaus fallen unter diese Regelung Zivilistinnen und Zivilisten, die durch die allfällige Gewalt im Kontext eines Krieges oder Bürgerkrieges gefährdet sind.
Die Aufnahme von Schutzsuchenden hat für die Migrationssituation der Bundesrepublik insbesondere ab den späten 1970er Jahren an Gewicht gewonnen und trug vor allem in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren erheblich zum Anstieg der Zahl der ausländischen Staatsangehörigen bei. Die Angaben über die Zahl der Asylsuchenden in der Bundesrepublik Deutschland seit 1950 beruhen auf der amtlichen Statistik und beziehen sich auf jene Menschen, die entsprechend den Regelungen des Artikels 16 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes sowie der Genfer Flüchtlingskonvention um einen Schutzstatus nachsuchten. Andere Kategorien von Schutzsuchenden, insbesondere „Kontingentflüchtlinge“, die aufgrund von humanitären Hilfsaktionen aufgenommen wurden und keinen Asylantrag stellen mussten, sind hier in der Regel nicht erfasst. Zu berücksichtigen gilt, dass grundsätzlich mal ein geringerer, mal ein größerer Teil der Asylgesuche bewilligt wurde, diese also keineswegs mehrheitlich oder gar durchgängig in längerfristige oder dauerhafte Aufenthalte in der Bundesrepublik mündeten.
In den knapp 20 Jahren von der Gründung der Bundesrepublik bis 1968 beantragten nur knapp über 70 000 Menschen Asyl. In den ersten 30 Jahren der Existenz der Bundesrepublik schwankten die jährlichen Asylsuchendenzahlen zwischen einem Minimum von rund 2 000 im Jahr 1953 und einem Maximum von mehr als 51 000 im Jahr 1979. Bis in die 1960er Jahre kamen die Asylbewerberinnen und Asylbewerber überwiegend aus Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa, der Anteil von Asylsuchenden aus dem „Ostblock“ schwankte jährlich zwischen 72 und 94 Prozent. Ab dem letzten Drittel der 1970er Jahre stieg die Zahl der Schutzsuchenden in Westdeutschland erheblich an: Der Höchststand wurde 1980 mit Anträgen von 107 818 Personen erreicht. Zugleich stieg der Anteil von Antragstellenden von außerhalb Europas.16 ► Abb 6

Nach einem kurzfristigen Rückgang wuchs der Umfang der Asylzuwanderung ab Mitte der 1980er Jahre erneut an, vor allem vor dem Hintergrund der politischen und wirtschaftlichen Krise in Ostmittel-, Ostund Südosteuropa, der Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ und dem Bürgerkrieg in (Ex-)Jugoslawien in den 1990er Jahren. Die Zahl der Asylbewerberinnen und -bewerber überstieg 1988 erneut 100 000, erreichte 1990 rund 190 000 und 1992 schließlich den Höchststand von fast 440 000. Zugleich änderte sich die Zusammensetzung der Gruppe der Schutzsuchenden grundlegend: 1986 waren noch rund 75 Prozent aus dem globalen Süden gekommen. 1993 stammten dann wieder 72 Prozent aus Europa. Je häufiger ab den späten 1970er Jahren das bundesdeutsche Asylund Flüchtlingsrecht in Anspruch genommen wurde, desto stärker wurde es auch mithilfe gesetzlicher Maßnahmen und Verordnungen eingeschränkt. Solche rechtlichen Regelungen und insbesondere die Beschränkung des Zugangs zum Asyl durch die Änderung des Asylgrundrechts 1993 trugen zum starken Rückgang der Asylzuwanderung von Mitte der 1990er Jahre bis Mitte der 2010er Jahre bei.17
Ein wesentlicher Faktor für den erneuten Anstieg der Zahl der Asylsuchenden in Deutschland bildete der (Bürger-)Krieg in Syrien ab 2011. Anders als die Nachbarländer Türkei, Libanon und Jordanien entwickelte sich die Europäische Union relativ spät zum Ziel syrischer Schutzsuchender. Ein Großteil kam erst aufgrund der schwierigen Ankunftsund Aufnahmesituation in den Nachbarländern nach Europa, das in wesentlich höherem Maße einen geregelten Schutzstatus und gesellschaftliche Teilhabechancen versprach. Ab dem Beginn der Proteste gegen die Regierung Assad im März 2011 bis Oktober 2015 erreichten Daten des UNHCR zufolge etwa 470 000 Syrerinnen und Syrer ein Mitgliedsland der EU oder Norwegen bzw. die Schweiz. Das waren knapp 10 Prozent der syrischen Schutzsuchenden überhaupt. Dabei blieb allerdings die Zahl der Asylanträge bis 2014 auf einem relativ niedrigen Niveau und wuchs erst mit dem Jahr 2015 erheblich an – Letzteres aufgrund des starken Anstiegs der Zahl syrischer Geflüchteter insbesondere in der Türkei und im Libanon im vorangegangenen Jahr, der dadurch bedingten Verschlechterung der Situation in diesen Ankunftsstaaten und der dort verfügten Blockade für neue Grenzübertritte. Diese veränderte Lage in den Nachbarstaaten ließ nicht nur die Zahl der „Binnenflüchtlinge“ in Syrien erheblich ansteigen, sondern führte auch zum Entstehen neuer Fluchtrouten, beispielsweise über Nordafrika.
Der Anstieg der Ankünfte syrischer Schutzsuchender in Europa betraf vor allem zwei Länder: Schweden und Deutschland. In ihnen wurden 2015 mehr als die Hälfte aller Asylanträge in der EU von Syrerinnen und Syrern gezählt. Berücksichtigt werden muss beim Blick auf die deutschen Angaben zu 2015 und 2016, dass das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht die Zahl und den Zeitpunkt der Einreise dokumentiert, sondern den Zeitpunkt der Asylantragstellung: Die hohe Zahl von rund 720 000 Anträgen 2016 spiegelt zu einem wesentlichen Teil Einreisen von 2015 wider. Sie bilden also nicht die Migrationsverhältnisse des Jahres 2016 ab, sondern die Folgen der Infrastrukturkrise des Vorjahres, in dem sich wegen hoher Zuzugszahlen und eines verzögerten Aufbaus der Ankunftsinfrastruktur nicht nur die Asylantragstellung, sondern auch die Bearbeitung der Einreisen durch die Bundespolizei stark verzögerte. Hinzu traten in der Folge erhebliche, ebenfalls nur verzögert bewältigte Herausforderungen bei der (provisorischen) Unterbringung und Versorgung der Schutzsuchenden in den Bundesländern und Kommunen, die sich nur durch den weitreichenden Einsatz von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern bewältigen ließen.18
Den Angaben des Flüchtlingshochkommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) zufolge bildete Deutschland schließlich im Jahr 2018 hinter der Türkei, Pakistan, Uganda und dem Sudan das fünftwichtigste Aufnahmeland von „Flüchtlingen“ weltweit. Warum aber wurde die Bundesrepublik Mitte der 2010er Jahre ein Hauptziel der Bewegung insbesondere syrischer Schutzsuchender? Sechs Elemente eines komplexen Zusammenhangs seien hier skizziert. Die Reihenfolge der Argumente repräsentiert keine Hierarchie, alle genannten Faktoren stehen in einem unmittelbaren Wechselverhältnis zueinander:
1. Finanzielle Mittel: Wichtige Herkunftsländer von Asylsuchenden in der EU lagen in relativer geografischer Nähe (Syrien, Südosteuropa). Die Kosten für das Unternehmen Flucht von dort hielten sich mithin in Grenzen – zumindest im Vergleich zu Bewegungen aus anderen globalen Konfliktherden, etwa in Westoder Ostafrika, Südasien oder Lateinamerika, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten seltener Europa erreichten. Hinzu kam, dass mit der Türkei auch das wichtigste Erstziel des Großteils syrischer Schutzsuchender unmittelbar an EULänder grenzt – und zugleich vor dem Hintergrund der mehr als drei Millionen Schutzsuchenden im Land, eines prekären Aufenthaltsstatus und beschränkter Möglichkeiten des Zugangs zu Bildung und zum regulären Arbeitsmarkt nur geringe Zukunftsperspektiven zu bieten schien.
2. Netzwerke: Migration findet vornehmlich in Netzwerken statt, die durch Verwandtschaft und Bekanntschaft konstituiert sind. Deutschland war Mitte der 2010er Jahre auch deshalb zum wichtigsten europäischen Ziel von Asylsuchenden geworden, weil es hier seit Längerem recht umfangreiche Herkunftskollektive gab, die für Menschen, die vor Krieg, Bürgerkrieg und Maßnahmen autoritärer Systeme auswichen, eine zentrale Anlaufstation bildeten. Das galt nicht nur für Menschen aus Syrien und Südosteuropa, sondern auch für solche aus dem Irak, Afghanistan und Eritrea.
3. Aufnahmeperspektiven: Staaten entscheiden mit weiten Ermessensspielräumen über die Aufnahme von Migrantinnen und Migranten und den Status jener, die als „Flüchtlinge“ anerkannt werden möchten. Die Bereitschaft, Schutz zu gewähren, bildet immer ein Ergebnis vielschichtiger Prozesse des Aushandelns durch Individuen, Kollektive und (staatliche) Institutionen, deren Beziehungen, Interessen und Kategorisierungspraktiken sich stets wandeln. Mit der permanenten Veränderung der politischen, administrativen, publizistischen, wissenschaftlichen und öffentlichen Wahrnehmung von Migration verbindet sich ein Wandel im Blick auf die Frage, wer unter welchen Umständen als schutzberechtigt verstanden und wem in welchem Ausmaß und mit welcher Dauer Schutz oder Asyl zugebilligt wird. In den frühen 2010er Jahren und bis weit in das Jahr 2015 hinein ließ sich eine relativ große Aufnahmebereitschaft in der Bundesrepublik Deutschland beobachten. Verantwortlich dafür war eine auch vor dem Hintergrund der günstigen Situation von Wirtschaft und Arbeitsmarkt positive Zukunftserwartung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die seit Jahren laufende breite Diskussion um Fachkräftemangel und demografische Veränderungen führte ebenso zu einer Öffnung wie die Akzeptanz menschenrechtlicher Standards und die Anerkennung des Erfordernisses des Schutzes vornehmlich von Menschen aus Syrien.
4. Aufhebung von Migrationsbarrieren: Seit den 1990er Jahren hatte die EU ein System zur Abwehr von Fluchtbewegungen aufgebaut. Eine vielgestaltige europäische migrationspolitische Zusammenarbeit mit Staaten wie Libyen, Ägypten, Tunesien, Marokko, Albanien oder der Ukraine verhinderte seither weitgehend, dass potenzielle Asylsuchende die Grenzen der EU erreichen konnten. Diese EU-Vorfeldsicherung ist aufgrund der Destabilisierung diverser Staaten am Rand der EU (unter anderem im Kontext des „Arabischen Frühlings“, aber auch des Ukraine-Konflikts) zusammengebrochen. Die Folgen der weltweiten Finanzund Wirtschaftskrise ab 2008 haben die gesellschaftlichen Konflikte in zahlreichen EU-Anrainerstaaten verschärft, die staatlichen Handlungsmöglichkeiten beschnitten sowie die Bereitschaft und die Reichweite einer Zusammenarbeit mit der EU minimiert.
5. Auflösung des Dublin-Systems: Das seit den frühen 1990er Jahren entwickelte sogenannte Dublin-System hatte zu einer relativen Abschließung der EU-Kernstaaten und insbesondere Deutschlands gegen weltweite Fluchtbewegungen geführt, indem es die Verantwortung für die Durchführung eines Asylverfahrens jenen europäischen Staaten überließ, in die Antragstellende zuerst eingereist waren. Das konnten nur Staaten an der EU-Außengrenze sein. Dieses System funktionierte insbesondere deshalb, weil die Zahl der Schutzsuchenden, die europäische Grenzen erreichten, seit Mitte der 1990er Jahre relativ niedrig lag. Aufgrund der Finanzund Wirtschaftskrise und im Kontext des Anstiegs der Zahl der Asylsuchenden aber waren diverse europäische Grenzstaaten, vornehmlich Griechenland und Italien, immer weniger bereit und in der Lage, die ungleich verteilten Verantwortlichkeiten des „Dublin-Systems“ zu tragen.
6. Die Bundesrepublik als „ErsatzZufluchtsland“: Die weltweite Finanzund Wirtschaftskrise führte innerhalb der EU dazu, dass die Bereitschaft traditionsreicher und gewichtiger Asylländer wie Frankreich oder Großbritannien, Schutz zu gewähren, erheblich sank. In diesem Kontext wurde die Bundesrepublik 2015 gewissermaßen ein „Ersatz-Zufluchtsland“ und damit zu einem neuen Ziel im globalen Fluchtgeschehen – neu insofern, als es bis dahin Bewegungen von Schutzsuchenden von außerhalb Europas in die Bundesrepublik nicht in erheblichem Maße gegeben hatte.

Datengrundlage

Daten zu den verschiedenen Migrationsformen und Migrationsbewegungen wurden und werden in großem Umfang erhoben. Lange Reihen finden sich allerdings nur für die wenigsten Zusammenhänge. Die für den vorliegenden Beitrag zusammengeführten Datenreihen beziehen sich auf grenzüberschreitende Bewegungen und dokumentieren sowohl Zuwanderungen als auch Abwanderungen. Wegen des schwierigen Datenzugangs für das 19. und frühe 20. Jahrhundert liegt ein Schwergewicht auf der Phase seit dem Zweiten Weltkrieg.
Die Dokumentation des Wandels der grenzüberschreitenden Abwanderungen aus Deutschland erfolgt auf der Basis unterschiedlicher Angaben: Für den Zeitraum von 1834 bis 1870 sind die im Jahr 1930 von Friedrich Burgdörfer, damals Leiter der Abteilung für Bevölkerungsstatistik im Statistischen Reichsamt, zusammengeführten Daten herangezogen worden. Sie beruhen auf dem Abgleichen der US-amerikanischen Einwanderungsstatistik mit den Angaben über die deutsche Transatlantik-Migration über Hamburg und Bremen. Für den Zeitraum von 1871 bis 1939 wurde die amtliche Auswanderungsstatistik des Reiches herangezogen. Sie umfasste Zählungen in den deutschen Überseehäfen, zum Teil ergänzt um Berichte, die aus wichtigen Häfen anderer europäischer Länder (Niederlande, Frankreich, Italien, Großbritannien) über die Überseemigration von Deutschen erstellt wurden, diese allerdings keineswegs vollständig erfassten. Die Daten für den Zeitraum 1834 bis 1939 bieten mithin keine Informationen über die Abwanderung aus Deutschland insgesamt, vernachlässigen vielmehr die innereuropäische Bewegung von Deutschen ganz und erfassen ausschließlich – mit gewissen Lücken – Angaben über die transatlantische Migration. Die in der Folge zusammengestellten Daten für den Zeitraum ab 1946 haben einen deutlich anderen Charakter: Sie dokumentieren alle über die Meldestatistik amtlich erfassten Fortzüge von Deutschen und von in Deutschland ansässigen ausländischen Staatsangehörigen über die (westbzw. bundes-)deutschen Grenzen, fassen den Gegenstand Abwanderung also wesentlich weiter als die Angaben für das 19. und frühe 20. Jahrhundert.
Der langfristige Wandel des Zuwanderungsgeschehens lässt sich über die Zahl der im Deutschen Reich lebenden ausländischen Staatsangehörigen nach den Volkszählungen zwischen 1871 und 1933 dokumentieren. Hinzu treten die jährlichen Angaben des bundesdeutschen Ausländerzentralregisters für den Zeitraum ab 1951. Es erfasst alle ausländischen Staatsangehörigen in der Bundesrepublik, die über einen Aufenthaltstitel verfügen oder Asyl beantragt haben. Darüber hinaus wurden die Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (seit 2006) über die Zahl der Asylsuchenden sowie der amtlichen Statistik über die Zuzüge in die Bundesrepublik Deutschland verwendet.
Die zu den innerdeutschen Wanderungsbewegungen nach 1945 zusammengeführten Angaben beruhen auf unterschiedlichen Erhebungen. Zum Teil handelt es sich um amtliche Meldedaten (Zuund Fortzüge), zum Teil beruhen sie auf den Angaben aus dem 1950 in der Bundesrepublik eingeführten Notaufnahmeverfahren, das die Freizügigkeit von Zugewanderten aus der DDR einschränkte und ihnen unter bestimmten Voraussetzungen einen Flüchtlingsstatus mit entsprechenden Versorgungsleistungen zuwies, allerdings nicht jene erfasste, die ohnehin keine Leistungen in Anspruch nehmen wollten oder konnten und direkt zu Verwandten oder Bekannten ins Bundesgebiet reisten.
Angaben über die Zahl der als (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedler bzw. als Asylbewerber aufgenommenen Migrantinnen und Migranten in der Bundesrepublik Deutschland bietet die amtliche Statistik.

Zum Weiterlesen empfohlen

  • Klaus J. Bade: Europa in Bewegung. Migration vom späten 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, München 2000.
  • Klaus J. Bade / Pieter C. Emmer / Leo Lucassen / Jochen Oltmer (Hrsg.): Enzyklopädie Migration in Europa vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart, 3. Aufl., Paderborn 2010.
  • Ulrich Herbert: Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland. Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge, München 2001.
  • Dirk Hoerder: Deutsche Migrationen. Vom Mittelalter bis heute, München 2011.
  • Jochen Oltmer: Migration vom 19. bis zum 21. Jahrhundert, 3. Aufl., Berlin / Boston 2016.
  • Jochen Oltmer (Hrsg.): Handbuch Staat und Migration in Deutschland seit dem 17. Jahrhundert, Berlin / Boston 2016.
  • Jochen Oltmer: Migration. Geschichte und Zukunft der Gegenwart, 2. Aufl., Bonn 2020.

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz „CC BY-NC-ND 3.0 DE – Namensnennung – Nicht-kommerziell – Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland“ veröffentlicht. Quelle: Thomas Rahlf (Hg.), Deutschland in Daten. Zeitreihen zur Historischen Statistik, 2. Auflage, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2022.

Anmerkungen

  1. Dazu ausführlich Jochen Oltmer: Migration vom 19. bis zum 21. Jahrhundert, 3. Aufl., München 2016.
  2. Zum Begriff Gewaltmigration siehe Jochen Oltmer: Flucht, Zwangsmigration, Gewaltmigration? Begriffe und Konzepte der Forschung, in: Reinhard Johler/Jan Lange (Hrsg.): Konfliktfeld Fluchtmigration. Historische und ethnographische Perspektiven, Bielefeld 2019, S. 57 – 72.
  3. Friedrich Burgdörfer: Die Wanderungen über die deutschen Reichsgrenzen im letzten Jahrhundert, in: Allgemeines Statistisches Archiv, 20 (1930), S. 161–196, 383 – 419, 537 – 551.
  4. Für einen Überblick siehe Klaus J. Bade: Die deutsche überseeische Massenauswanderung im 19. und frühen 20. Jahrhundert, in: Ders. (Hrsg.): Auswanderer – Wanderarbeiter – Gastarbeiter. Bevölkerung, Arbeitsmarkt und Wanderung in Deutschland seit der Mitte des 19. Jahrhundert, 2. Aufl., Ostfildern 1985, S. 259 – 299; Jochen Oltmer: Überseeische Migration im 19. und 20. Jahrhundert: Deutschland als Auswanderungsland, in: Pädagogische Rundschau, 72 (2018) 2, S. 173 –190.
  5. Hartmut Bickelmann: Deutsche Überseeauswanderung in der Weimarer Zeit, Wiesbaden 1980.
  6. Alexander Freund: Aufbrüche nach dem Zusammenbruch. Die deutsche Nordamerika-Auswanderung nach dem Zweiten Weltkrieg, Göttingen 2004; Jan Philipp Sternberg: Auswanderungsland Bundesrepublik. Politische und mediale Wahrnehmung in Deutschland 1945 – 2010, Paderborn 2012.
  7. Karen Schniedewind: Begrenzter Aufenthalt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Bremer Rückwanderer aus Amerika 1850 –1914, Bremen 1991.
  8. Siehe hierzu die Beiträge in: Jochen Oltmer/ Axel Kreienbrink/ Carlos Sanz Díaz (Hrsg.): Das „Gastarbeiter“-System. Arbeitsmigration und ihre Folgen in der Bundesrepublik Deutschland und Westeuropa, München 2012.
  9. Klaus J. Bade: „Preußengänger“ und „Abwehrpolitik“: Ausländerbeschäftigung, Ausländerpolitik und Ausländerkontrolle auf dem Arbeitsmarkt in Preußen vor dem Ersten Weltkrieg, in: Archiv für Sozialgeschichte, 24 (1984), S. 91–162.
  10. Jochen Oltmer: Migration und Politik in der Weimarer Republik, Göttingen 2005, S. 398 – 419.
  11. Für einen Überblick siehe Klaus J. Bade/ Jochen Oltmer: Normalfall Migration, Bonn 2004, S. 98 –105.
  12. Hierzu und zum Folgenden siehe Helge Heidemeyer: Flucht und Zuwanderung aus der SBZ/DDR 1945 /1949 –1961, Düsseldorf 1994; Volker Ackermann: Der „echte“ Flüchtling. Deutsche Vertriebene und Flüchtlinge aus der DDR 1945 –1961, Osnabrück 1995; Frank Wolff: Die Mauergesellschaft. Kalter Krieg, Menschenrechte und die deutsch-deutsche Migration 1961–1989, Berlin 2019.
  13. Hierzu und zum Folgenden siehe Klaus J. Bade/ Jochen Oltmer: Einführung: Aussiedlerzuwanderung und Aussiedlerintegration. Historische Entwicklung und aktuelle Probleme, in: Dies. (Hrsg.): Aussiedler: deutsche Einwanderer aus Osteuropa, 2. Aufl., Göttingen 2003, S. 9 – 51; Jannis Panagiotidis: Staat, Zivilgesellschaft und Aussiedlermigration 1950 –1989, in: Jochen Oltmer (Hrsg.): Handbuch Staat und Migration vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart, München 2014, S. 895 – 930; (Spät-)Aussiedlerinnen in der Migrationsgesellschaft (Informationen zur politischen Bildung, H. 340), Bonn 2019.
  14. Stefan Keßler: Der Einfluss der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte auf die Aufnahme des Grundrechts auf Asyl in das Grundgesetz, in: Menschenrechtsmagazin, (2010) 1, S. 22 – 30.
  15. Überblickend siehe Patrice G. Poutrus: Umkämpftes Asyl: Vom Nachkriegsdeutschland bis in die Gegenwart, Berlin 2018.
  16. Patrice G. Poutrus: Zuflucht im Nachkriegsdeutschland. Politik und Praxis der Flüchtlingsaufnahme in Bundesrepublik und DDR von den späten 1940er bis zur Grundgesetzänderung im vereinten Deutschland von 1993, in: Oltmer (Anm. 13), S. 853 – 893.
  17. 17 Ursula Münch: Asylpolitik in der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl., Opladen 1993; Bade/Oltmer (Anm. 11), S. 106 –117.
  18. Hierzu und zum Folgenden siehe Jochen Oltmer: Migration. Geschichte und Zukunft der Gegenwart, 2. Aufl., Bonn 2020, Kap. 9.